Eigentlich hätte Jeff erwartet, dass Nicks Angebot, 'später weiter zu machen', ihn nervös werden ließ.
Okay, nervös schon, aber nicht gerade im negativen Sinne.
Wenn das Küssen mit Nick schon so aufregend und toll war... wie würde erst das andere alles werden?
Jeff konnte nicht gerade behaupten, dass er verklemmt war oder so, ganz im Gegenteil.
Nick und er hatten sich beide zu ganz passablen Schürzenjägern entwickelt, auch wenn Nick auf Jungs umgesattelt war, als er gemerkt hatte, dass er schwul war, und Jeff eine zölibatäre Phase eingelegt hatte.
Eine... ziemlich lange zölibatäre Phase.
Eigentlich konnte er es gar nicht erwarten.
Wenn er nur nicht so feige und schüchtern wäre...
"Wenn sich da jemand eingenistet hat?", wisperte er und sah Nick ernst und verschwörerisch an. "Ein Verbrecher, der die Schüler ausrauben will. Oder ein Attentäter... das kann das phänomentastische Rainquila-Kollektiv nicht zulassen!"
Jeff machte eine Faust und streckte nur Zeigefinger und Daumen aus, woraus sich eine waschechte imaginäre Pistole ergab.
"Folge mir, Dr. Tequila", raunte er und drückte sich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür, während seine freie Hand nach der Türklinke tastete.
Er wechselte noch einen Blick mit seinem Freund und zwinkerte ihm zu, dann drückte er die Klinke herunter und stieß die Tür auf.
"ERWISCHT!!!", schrie er und sprang ins Zimmer. "Oh."
Er erstarrte und bekam Kulleraugen, als er sah, wer hinter der Tür auf dem Bett lag und sehr beschäftigt wirkte.

(Ruby-Sebastian-Nick-Jeff)

---> 220//

Jeff folgte seinem Freund eilig aus dem Zimmer und zog die Tür zu.
"Nein, das wollen wir nicht. Wir wollen die Welt retten und nicht die gemeine Spucknatter zu einer vom Aussterben bedrohten Tierart machen."
Er schob Nick von hinten an in Richtung ihres Zimmers, das ja direkt neben dem der beiden Neuankömmlinge war.
"Jetzt weiß ich gar nicht, ob ich mich auf die Party freuen oder mich davor fürchten soll", meinte er. "Aber wir können vielleicht ein paar Pluspunkte sammeln, wenn wir ein Sixpack oder so mitbringen. Und ein Brot und Salz oder was man zum Einzug mitbringt. So was gefällt Sebastian doch bestimmt."
Alkohol war wirklich eine gute Idee.
Es ging doch nichts darüber, sich gepflegt volllaufen zu lassen, um wenigstens für eine Weile auszublenden, dass sie ab sofort neben Kim Jong Ils heimlichen Adoptivsohn und seinem Lover wohnen würden.

// ---> Einweihungsparty//

Ruben sah seinem Freund nachdenklich hinterher.
Es war so gar nicht Sebastians Art, sich einfach sang- und klanglos unterbuttern zu lassen.
Wieso wollte er nicht kämpfen um seinen Posten wieder zu bekommen?
Wieso überlegte er nicht, wie er sich an Tyler rächen konnte?
Wo war das Feuer hin?
Er rieb sich mit beiden Händen über seine pochende Stirn - er sollte besser nie wieder mit Nick und Jeff trinken, das war wirklich übel! - und gab sich einen Ruck.
Schnell machte er sich auf den Weg um Sebastian zu folgen.
"Warte doch mal", bat er und hielt seinen Freund am Ärmel fest.
"Irgendwas müssen wir doch machen können, das gibt es doch gar nicht. Wenn wir... wenn ich zu Hanson gehe und sage, dass die Party meine Idee war, und dass du nichts davon wusstest? Du könntest ja erst später gekommen sein und dann direkt alle rausgeschmissen haben, und ich war beleidigt und bin deswegen abgehauen. Darum warst du da dann auch alleine als Gates gekommen ist. Das könnte doch funktionieren, oder?"
Ihm könnte Gates nichts wegnehmen, er hatte ja nichts...
Einen Schulverweis gab es für Partys doch wohl nicht, oder?
Gut, er würde vielleicht aus den Warblern fliegen, aber das könnte er wohl eher verschmerzen als Sebastian.

Sebastian blieb stehen und wandte sich zu Ruby um, als der ihn fest hielt.
Der Jüngere wirkte noch so hoffnungsvoll, wie er nach Auswegen suchte.
Doch Sebastian schüttelte den Kopf.
"Nein, ich... hab ihm ja schon alles gesagt", sagte er leise. "Also, gestern hab ich Gates alles gesagt, da hab ich doch nicht dran gedacht, mir was auszudenken..."
Er holte tief Luft und fuhr sich durch die Haare, die er heute Morgen extra sorgfältig frisiert hatte, um sich von seiner allerbesten Seite zu zeigen, doch als er ins Direktorat gekommen war, hatte Hansons Entschluss schon fest gestanden.
"Er meinte einfach... ich meine, ich hab ihn überzeugt, dass wir das Zimmer zusammen beziehen können. Und ich hab ihm Versprechungen gemacht und... das war auch nicht das erste Mal. Er hat sich überreden lassen und dann das, ich...
Resigniert schüttelte Sebastian den Kopf.
"Und du würdest fliegen, wenn du die Schuld auf dich nehmen würdest, als Zehntklässler mit so viel hartem Alkohol, das..."
Sebastian ging an seinem Freund vorbei in Richtung der Abstellkammer, wo er eienen Eimer und einen Wischer und einen Eimer nahm.
Wenigstens könnte er das sichtbare Chaos beseitigen, wenn ihn das innere Chaos schon auffraß.

---> Zimmer 220//

Nick - Jeff - Blaine - Sebastian

"Oh man", murmelte Nick bedrückt, als sie das Zimmer verließen.
"Wie krass ist das denn? Könnt ihr euch sowas vorstellen?"
Er zog Jeff wieder an sich, denn die Erleichterung darüber, dass Ruben aufgewacht war, war bei dem Blonden schnell wieder umgeschlagen als er gemerkt hatte, dass der Junge zumindest einen Teil seiner Erinnerungen verloren hatte.
Jeden Teil der sie betraf... das war wirklich heftig.
Über Jeffs Schulter sah er zu Sebastian.
Dafür, dass der so schnell zu Ruben geeilt war ließ es ihn jetzt aber erstaunlich kalt.
Aber eigentlich... es stimmte ja, sie konnten wirklich nichts machen.
"Er hat gesagt, dass er sich um einen Termin kümmert und sich wieder meldet", meinte er. "Und das hat er bis jetzt nicht."

Nick - Jeff - Blaine - Sebastian

Jeff drückte sich an Nick und warf Sebastian einen bösen Blick zu.
Meine Güte, konnte er jetzt nicht mal für eine Sekunde wenigstens so tun, als würde er sich Sorgen um Ruben machen?
Jeff wäre am liebsten auch bei dem Jungen geblieben, aber er war selbst noch so verheult, da hätte er Ruben wohl keinen Gefallen getan.
"Können wir in unser Zimmer gehen?", murmelte Jeff seinem Freund zu.
Er brauchte dringend ein Taschentuch.
Und er wollte Sebastian nicht mehr sehen, der schaute ihn schon so komisch an.
"Kannst ja dann wieder kommen, wenn Wes sich meldet", meinte er noch zu Nick und zog ihn mit einem bittenden Blick in Richtung ihres Zimmers.

---> Zimmer von Nick und Jeff//

Blaine sah Nick und Jeff hinterher, bevor er sich wieder zu Sebastian drehte.
"Ist alles klar?", fragte er vorsichtig.
Immerhin hatte er gerade erfahren, dass der einzige Junge mit dem er überhaupt mal eine Beziehung eingegangen war, diese total vergessen hatte.
Das konnte doch nicht so leicht wegzustecken sein, wie der Ältere es gerade aussehen ließ.
"Ich kann Wes auch schreiben, dass er sich bei mir melden soll und nicht bei Nick, dann ziehen wir es einfach zu dritt durch", schlug er vor.
An Nicks Stelle würde er Jeff nämlich auch ungern allein lassen, und ihn mit zu Hanson nehmen konnten sie noch weniger.
"Dann holen wir uns gleich einen Kaffee und warten einfach ab bis wir loskönnen. Was meinst du?"

"Sicher ist alles klar", sagte Sebastian gelassen. "Kurt ist doch bei ihm. Der wird schon wieder."
Hatte Dr. Freeman doch gesagt, oder?
Er hatte ihm Tabletten da gelassen und Ruben hatte jemanden, der auf ihn achtete.
War bei Sebastian die gleiche Geschichte gewesen.
Ruben war weg, er hatte die Tabletten bekommen und Blaine hatte nach ihm gesehen.
Wenn sich Ruben erst einmal wieder erinnerte, würde er genau wissen, warum Sebastian gegangen war.
"Solange du weißt, was du sagen musst, wenn Hanson nach fragt, bin ich auch mit dir alleine einverstanden", sagte er und ging in Richtung Kaffeeautomat.
Unterwegs schrieb er an Wes, dass der ihm schreiben sollte und nicht Nick, dann trat er an den Automaten und wählte sich einen schwarzen Kaffee aus.
"Was willst du?", fragte er, während ein Becher herunter fiel und befüllt wurde.

// Warblerprobe
--> Proberaum //

Anscheinend hätte er gehen können.
Sebastian jedenfalls schien alles gesagt zu haben, denn er verließ den Raum einfach ohne ein Wort zu sagen.
Ruben folgte seinem Beispiel und sah den Rücken des Kapitäns nur wenige Meter vor sich herlaufen.
Gott, hoffentlich dachte der nicht, dass er ihn jetzt verfolgen würde.
Doch so peinlich es Ruben auch war, er war mit den verwinkelten Gängen der Dalton Academy ein bisschen überfordert.
Ein Flur sah aus wie der nächste, endete aber irgendwo ganz anders. Treppen waren an den unmöglichsten Stellen...
Er glaubte nicht, dass er sich hier jemals zurechtfinden würde, auch wenn alle ihm versicherten, dass er das zwischendurch schon gekonnt hatte.
Aber die konnten ihm ja viel erzählen.
Langsam nervte es richtig, dass ihm immer noch nichts wieder einfiel.
Hatte der Arzt nicht etwas von wenigen Tagen gesagt?
Fielen drei Tage da nicht genau in diese Definition?
Dass er während seiner Grübeleien das Tempo erhöht haben musste, merkte er erst, als er sich beinahe auf einer Höhe mit Sebastian befand.
Unsicher versuchte er sich wieder etwas zurückfallen zu lassen, aber der Andere schien ihn bereits bemerkt zu haben.
"Sorry", murmelte er, bemüht dem Kapitän nicht weiter auf die Nerven zu gehen und einen vorzeitigen Rausschmiss zu provozieren. "Ich hab nur den gleichen Weg, ich will mich nicht an dich kletten oder sowas"

Sebastian stellte zufrieden fest, dass Ruben ihm folgte.
Absichtlich nahm er etwas Tempo raus, sodass der Jüngere ohne es so richtig zu merken zu ihm aufholte.
"Ist ja nicht so, als würden wir das erste Mal zusammen wo hin gehen, was?", stellte der Kapitän trocken fest und öffnete die Tür zum Speisesaal.
Wie zu erwarten blieben einige Blicke an ihm hängen, oder wohl eher an ihnen.
Es hatte sich natürlich herum gesprochen, dass es zwischen ihnen aus war.
Und zwar nicht im Besten.
Und natürlich hatten sich sofort alle Hoffnungen gemacht, vor allem die Gabriel-Fraktion, dass Ruben jetzt zu haben war.
Aber das konnten sie vergessen.
Selbst nachdem sie sich getrennt hatten, würde Sebastian ihn ganz alleine für sich haben.
Er ging ans Buffet und begann, sich seinen Teller mit Brot und Kochschinken zu beladen, bevor er nach einem Orangensaft griff.
Dann sah er sich unauffällig nach Ruben um, ob der ihm noch nach kam.
Als er sich sicher war, steuerte er einen Tisch an.

---> Speisesaal//

Ehrlich amüsiert zog Sebastian die Augenbrauen hoch.
"Das war dann wohl Tyler", erklärte er. "Das Verhältnis zu dem ist mit angespannt noch sehr euphemistisch umschrieben. Ihr habt kurz zusammen gewohnt."
Bevor Sebastian sich dann zum Zusammenzug hatte breit schlagen lassen.
Gut, er selbst hatte den Vorschlag gemacht.
Er hatte Ruby... Ruben helfen wollen, weil er ihn liebte.
Und zwei Wochen später war der Jüngere weg gewesen.
Sebastian wusste gerade gar nicht, was er fühlen sollte.
Im einen Moment sehnte er sich nach seinem Freund, im nächsten hasste er ihn.
Und dann wiederum war er einfach nur scharf auf diesen Jungen, der keine Ahnung hatte, zu was er alles bereit war.
Was er alles mit gemacht hatte und wie versaut er sein konnte.
Sebastian öffnete die Tür zur 220 und warf Ruben einen kurzen Blick zu, bevor er sie betrat und die Tür offen ließ.

---> 220//

Ruben hielt Inne, als Sebastian in seinem Zimmer verschwand und die Tür offen ließ.
Er hatte ihm nicht Tschüss gesagt und ihn auch noch so angesehen, erwartete er etwa, dass er ihm hinterher kommen würde?
Nein, das ging nicht.
Und nicht nur, weil er in diesem Zimmer auch schon gewohnt hatte, und es ihm ein großes Rätsel war weshalb das nicht mehr so war.
Ruben blieb ihm Türrahmen stehen und lächelte Sebastian an.
"Dann noch einen schönen Abend", meinte er. "Und bis spätestens bei der nächsten Probe."
Irrte er sich, oder sah Sebastian überrascht aus?
Nein, das hatte er sich wahrscheinlich eingebildet.
Er winkte kurz, dann drehte er sich um und machte sich auf den Weg in sein eigenes Zimmer, nach wie vor mit einem ganz merkwürdigem Gefühl im Bauch.

--> Rubens Zimmer //