"Natürlich ist er noch mein Freund", antwortete Ruben kühl.
"Haben wir gestern zu irgendeinem Zeitpunkt gewirkt, als wäre das anders? Ach, naja, ich könnte mir schon einen Moment denken."
Mit einem kleinen, gehässigen Lächeln sah er seinen Mitbewohner an.
Irgendwie mutierte er hier zur Giftspritze, wenn auch eher indirekt.
Tyler wusste bestimmt noch verdammt genau, auf welchen Moment er da anspielte.
Kein Grund nochmal ein 'Zum Beispiel als ich mit deiner Verlobten geknutscht hab?' hinterher zu schieben.
Dann würde das Ganze hier eskalieren, aber... verdammt, der Typ hatte Sebastian gestern umgeklatscht.
Und es war sein gutes Recht, in dieser Geschichte parteiisch zu sein.
"Bei uns läuft es wahrscheinlich gerade besser als bei dir", stellte er fest. "Oder sind die Wolken schon wieder aus dem Paradies abgezogen? Eher nicht, oder? Ich glaub Quinn hat das nicht so gefallen, vor allem nicht die Tatsache, dass sie es vor allen Anderen und nicht von dir erfahren hat."
Er hörte das Klicken, dass signalisierte dass der Wasserkocher endlich fertig war.
"Könntest du dich jetzt mal beeilen?"

"Quitt?"
Ruben lachte auf. "Quitt?? Ist das dein Ernst?"
Er schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme.
Es war sowas von offensichtlich, dass Tyler das extra herumtrödelte, um ihm auf die Nerven zu gehen.
Und die Sache war... es funktionierte viel zu gut.
Ruben sprang zurück als Tyler Wasser vor seine Füße kippte, doch ein paar Spritzer erwischten ihn trotzdem.
"Idiot", fauchte er. "Hauptsache dein Hals ist gesund genug um deinen Wasserkopf gerade tragen zu können."
Er nahm seinem Mitbewohner den Wasserkocher aus der Hand und ging zur Spüle hinüber, als er das leise Zischen eines Feuerzeugs hörte und es kurz danach nach Rauch roch.
Ruben verdrehte die Augen und kämpfte das Bedürfnis nieder, den Kocher, den er schon aufgefüllt hatte, über Tylers Kopf auszuleeren.
"Du weißt schon, dass hier Rauchverbot ist, oder? Aber von mir aus hol dir nen Verweis, dann hab ich wieder meine Ruhe im Zimmer."

"Sag mal, bist du jetzt völlig bescheuert?", fauchte Ruben und stieß Tyler erschrocken von sich, als der ihm die Hose versengte.
Sebastians Hose, ausgerechnet!
Zu seinem Entsetzen fand er tatsächlich ein kleines verschmortes Loch.
Krank und pervers, so ein Arschloch. Er hatte doch keine Ahnung, er hatte keine Ahnung wie sie waren.
Und er hatte ganz sicher nicht das Recht über sie zu urteilen.
"Und da wunderst du dich, dass ich mich nicht für meine Mitbewohner interessiere?", fragte er wütend. "Ich gerate ja doch immer nur an die Psychos. Wir sollen zusammen sterben? Kriegst du eigentlich noch was mit? Natürlich hast du nen einflussreichen Großvater, wie soll jemand wie du sonst an so eine Schule kommen?! Schade dass man sich auch für einen Haufen Kohle keinen Charakter kaufen kann."
Seinen Tee hatte er ganz vergessen, er wollte nur noch von Tyler weg.
"Weißt du was? Wenn du schon nicht fliegst, dann hau ich einfach ab. Dann stör ich auch nicht wenn Quinn dich abends besuchen kommt... Ups, das wird ja wohl eher nicht passieren."
Er ließ die Tür hinter sich zuknallen und stürmte geradewegs in Sebastians Zimmer.
"So ein Arschloch!" fluchte er laut, kaum dass er einen Fuß durch die Tür gesetzt hatte. "Blöder Idiot! Ich mach das nicht mehr mit! Du hast doch so viel Einfluss hier, besorg mir mal ein anderes Zimmer."

--> Sebastians Zimmer

Jeff starrte den Wasserkocher an, wie er langsam das Wasser zum Kochen brachte, während er mit seinen nackten Füßen wieder über die kalten Fliesen hüpfte.
So ein Wasserkocher war schon eine tolle Erfindung, in kürzester Zeit hatte man heißes Wasser.
Da sparte man sich viel Zeit, anstatt es mühsam auf dem Herd zu erhitzen.
Ein Herd war auch eine tolle Erfindung.
Früher mussten die noch Feuer machen, um Sachen zu kochen.
Jeff schüttelte unwirsch den Kopf.
Feigling, schimpfte er sich selbst. Denk lieber dran, wie du den anderen jetzt gegenüber trittst.
Aber was sollte er denn bitte sagen?
Er wusste ja noch überhaupt nicht, was jetzt eigentlich zwischen ihm und Nick war.
Waren sie jetzt zusammen oder so was?
Oder war das nur was kurzfristiges, bevor Nick sich dem nächsten zuwenden würde?
Das wäre richtig beschissen, Jeff wusste nicht, wie er damit umgehen würde.
Aber das würde Nick doch nicht machen, oder?
Ah, verdammt, hätte er mal weiter über Wasserkocher und Herdplatten nachgedacht, jetzt bekam er Panik.
Er fuhr herum, als er Nicks Stimme hörte.
"Hey", sagte er und eilte auf seinen... Freund? Besten Freund?
Das war nicht gut, das war gar nicht gut.
Er eilte auf Nick zu und zog ihn in die Küche, um dann schnell die Tür zu schließen.
"Okay, ich...", fing er an. "Nicki, ich weiß jetzt gerade nicht, was ich denken soll. Ich meine, was sagen wir Kurt und Blaine denn jetzt? Sind wir zusammen? Oder nicht? Tut mir Leid", sagte er schnell und hob abwehrend die Hände. "Ich will dich nicht unter Druck setzen oder so, ich... weiß nur nicht, was ich denken soll~ okay, das hab ich grad schon gesagt. Ich meine, ich dachte, wir könnten einfach sehen, was kommt, wir... würden unsere Freundschaft vielleicht vertiefen, aber ich... ich hab das noch gar nicht genug durchdacht, um Blaine und Kurt jetzt schon gegenüber zu treten und ihnen irgendwas zu sagen und... also, Kurt hab ichs ja schon gesagt, also, nicht, dass wir zusammen... sondern, dass ich in dich verliebt~ i...ich meine..."
Jeff drehte sich eilig von Nick weg und vergrub seine Hände in seinen Haaren, um erst einmal durchzuatmen.
Das war zu viel, mit solchen Situationen kam er einfach viel zu schlecht klar.
Aber dafür war Nick doch da, oder?
Er war doch sein bester Freund oder... nicht mehr?

Nick lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, als Jeff auf ihn zukam und aufgeregt zu reden begann.
Okay, alles klar.
Emotionales Chaos, er hatte mit seiner Vermutung Recht gehabt.
Eigentlich war das aber kein Wunder, ihm selbst ging es ja nicht viel besser.
Als Jeff sich von ihm weg drehte und verstummte, zögerte Nick noch eine Sekunde.
Wieso wollten ihm denn jetzt nicht die richtigen Worte einfallen?
Sonst konnte er quasseln ohne Punkt und Komma, aber jetzt wo es einmal wichtig war...
"Du bist in mich verliebt?", fragte er dann um die Stille nicht zu unangenehm werden zu lassen.
"Also, ehrlich?"
Langsam bewegte er sich von der Tür weg und legte Jeff eine Hand auf die Schuler, bevor er um ihn herum ging und vor ihm stehen blieb, so dass sie sich wieder ansahen.
Er warf die Puschen auf den Boden.
"Hier, du musst doch Eisfüße haben."
Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und holte tief Luft, während Jeff in die Hausschuhe schlüpfte.
"Oh, ich bin echt nervös", lachte Nick und fuhr sich kurz mit der Hand über die Stirn.
"Jeffy, also... du bist mein bester Freund, und das will ich nicht verlieren. Darum hab ich nie etwas gesagt. Aber jetzt gerade denke ich, dass wir viel mehr verlieren wenn wir unbedingt darauf bestehen wollen genau das zu sein. 'Nur' Freunde, mein ich."
Er legte seinen Kopf kurz in den Nacken, dann sah er Jeff wieder in die Augen und fuhr fort.
"Die Sache ist, ich bin in dich verliebt. Und... so ungewohnt das auch klingen mag, ich wär gern dein Freund. Dein bester Freund und dein Freund-Freund. Geht sowas?"
Er dachte einen kurzen Moment nach und nickte dann überzeugt. "Ich glaube das geht. Ich... bin mir ziemlich sicher, wieso sollte es nicht? Also, ich wär froh... wenn du willst..."
Er lächelte unsicher und kam Jeff noch ein Stück näher, ließ dem Blonden aber noch die Möglichkeit zurück zu weichen.
"Und was Kurt und Blaine betrifft... im Zweifelsfall sagen wir ihnen, sie sollen sich um ihren eigenen Kram kümmern."

Jeff gehorchte stumm und mit hängenden Schultern und schob seine Füße in die Pantoffeln.
Wie Nick das fragte, ob er in ihn verliebt war, so... ungläubig.
Also war es doch nur Wunschdenken gewesen.
Nick hatte ihn nur küssen wollen.
Aber hey, das war doch immerhin was.
Nur schade, dass der Erfinder des Wasserkochers nicht gleich noch ein mobiles Loch im Boden erfunden hatte, in dem man mal fix versinken konnte, wenn man sich so endlos gedemütigt fühlte wie er gerade.
Hm, damit könnte man bestimmt gutes Geld verdienen...
Bei Nicks weiteren Worten hob Jeff dann aber doch überrascht seinen Blick und sah ihn an.
"Im Ernst?", fragte er leise und ein leicht ungläubiges Lächeln breitete sich auf sein Gesicht.
Dann nickte er langsam.
"Ich... okay, ich bin genau so nervös", seufzte Jeff und griff einfach nach Nicks Hand. "Ich will... alles sein für dich, Nick. Bester Freund und... Freund-Freund und... all das, was wir sonst noch sind. U...Und ich glaube schon, dass das geht, und... das fühlt sich irgendwie falsch an, zu sagen, wir sind jetzt zusammen, ein... Pärchen. Da denke ich eher, dass unsere Freundschaft dann zu Ende ist und das Zusammen sein anfängt. Aber wenn wir es machen, wie du sagst, also dass wir... beides machen, dann... wirst du mich jetzt wahrscheinlich für total geistig gestört halten bei dem wirren Mist, den ich hier die ganze Zeit rede", murmelte der Blonde und ließ den Kopf hängen.
"Was ich eigentlich sagen will ist... ja. Also, ich will das auch. Und natürlich bin ich in dich verliebt, ich... bin hoffnungslos verschossen in dich, schon seit ein paar Monaten."
Jeff hob den Kopf und lächelte Nick verlegen an.
"Also quasi genau wie bei dir. Aber ich hab's nicht für mich behalten können, kennst mich ja. Darum hab ichs Kurt gesagt. Und aus dem Grund..."
Jeff atmete langsam durch.
Verdammt, war das viel zu zerdenken und zu zerreden, und das, wo sein Herz gerade irgendwo ein paar Kilometer über seinem Kopf umher flatterte, weil Nick sagte, dass er in ihn verliebt war.
"Also, aus dem Grund würde ich es Kurt und Blaine schon sagen. Einfach weil ich es sowieso nicht für mich behalten könnte. Und die beiden sind immerhin unsere besten Freunde, oder?"

"Du bist mein bester Freund, aber danach kommen die beiden", stimmte Nick zu.
Nur weil er weder Kurt noch Blaine eingeweiht hatte, hieß das ja nicht, dass er das anders sah.
Er hatte nur einfach kein Risiko eingehen wollen.
Wenn nur er es wusste, dann gab es keine Möglichkeit, dass Jeff jemals davon erfahren würde.
Außer er würde es ihm selbst erzählen, und das würde nicht vorkommen.
Zumindest hatte er das immer angenommen.
Jetzt hatte er den Mund aufgemacht, und... anscheinend war das wirklich das Richtige gewesen.
Glücklich zog er Jeff an sich und küsste ihn.
Jetzt durfte er ja... jetzt wo sie so etwas wie zusammen waren.
Sie müssten da unbedingt noch ein neues Wort für erfinden, irgendetwas treffenderes, denn Jeff hatte völlig Recht wenn er sagte, dass sich das falsch anfühlte.
Das klang nicht mehr nach ihnen.
Und die wunderbare Freundschaft zwischen ihm und Jeff würde er nicht riskieren.
"Wach ich gleich auf?", fragte er grinsend.
"Dann entschuldige ich mich schonmal bei deinem realen Ich, ich werde wohl den Rest des Tages lang unausstehlich sein. Ich hoffe für dich, dass nicht noch morgen ist und ich einfach nur eingepennt bin, weil Sebastian auf der Probe wieder so ein Sklaventreiber war."

Jeff lachte und schüttelte den Kopf.
"Mein reales Ich verzeiht dir, weil es mindestens genau so enttäuscht sein wird, wenn es gleich aufwacht. Aber hey, dann liegt die Verlobungsparty noch vor uns und wir könnten Kurt einen Gefallen tun, indem wir die Katastrophe verhindern."
Trotzdem war der Kuss gerade immer noch ziemlich überrumpelnd gewesen.
Wie sollte er sich daran jemals gewöhnen?
"Na dann", meinte er. "Wenn wir innerhalb der nächsten zehn Minuten nicht aufwachen, sollten wir zurück ins Zimmer und mit den Turteltauben reden. Sonst denken die noch, wir treiben es hier in der Küche."
Jeff hauchte Nick noch einen Kuss auf die Lippen, dann ging er zum Wasserkocher, der schon lange fertig war.
Aber wenn das Wasser jetzt zu kalt war, dann waren die beiden selbst Schuld.
Hätten sie mal geklopft.
Halt, dann wären er und Nick jetzt nicht zusammen, oder?
Gott, er war mit Nick zusammen.
Jeff drehte verstohlen seinen Kopf und sah zu Nick, wandte ihm aber schnell wieder den Rücken zu, als er merkte, dass Nick ihn beobachtete.
"So", sagte er, als die beiden Teetassen fertig waren. "Dann mal rein in die Höhle des... Flamingos."

---> Nicks und Jeffs Zimmer//

Jeff konnte es gar nicht erwarten, aus diesem Zimmer zu verschwinden.
Er konnte zwar nicht behaupten, dass Sebastians Drohungen ihn noch zum Heulen bringen konnten, aber furchteinflößend war er schon, und dass das ganze noch ein recht farbenfrohes, ausgiebiges und langwieriges Nachspiel haben würde, brauchte Jeff nicht nur vermuten.
Widerstandslos ließ er sich von Nick in Richtung Gemeinschaftsküche bugsieren und sah ihn da mit großen Augen an.
"Keine Superhelden ohne Bösewichte, oder?", wisperte er. "Der Slithersmythe mit der steinernen Schlange und sein Gehilfe sind ernst zu nehmende Gegner. Und der Kampf wird blutig und schwer."
Er wusste gar nicht, warum, aber als der erste Schreck von ihm abfiel, musste er grinsen und kurz darauf lachen.
"Oh mein Gott", keuchte er und schlug seinem Freund gegen die Schulter. "Hey, erinnerst du dich, als wir bei Sebastian und Ruben rein geplatzt sind und Ruben Sebastian fast den Schwanz abgebissen hätte? Den Satz werden wir noch oft genug sagen."
Er ging zum Kühlschrank und durchwühlte das Tiefkühlfach, um kurz darauf etwas Crashed Ice raus zu fischen und mit einem Handtuch einen Eisbeutel zu bauen.
"Aber der Kommentar mit dem Abschließen war schon etwas scheinheilig, meinst du nicht? Am Ende schlagen sich Kurt und Blaine noch auf die Seite von den beiden, dann müssen wir an zwei fronten kämpfen."