"Naja...", sagte Kurt zögernd. "Wie du sagtest, immerhin weißt du es jetzt. Auch wenn es bescheuert ist und du jetzt sauer auf Tyler bist, berechtigterweise natürlich. Jetzt ist es raus und du kannst darüber nachdenken."
Er sah auf ihre drei Hände hinunter und seufzte leicht.
"Ich meine, du liebst ihn doch, oder? Wenn man jemanden heiratet... dann muss man denjenigen doch so sehr lieben, dass man auch solche Fehler vergeben kann... irgendwie und irgendwann."
Kurt hob seinen Kopf und legte seine freie Hand unter Quinns Kinn, um ihr Gesicht zu sich zu drehen und sie anzulächeln, auch wenn es schwer fiel.
"Wir lassen jetzt alles hier stehen und liegen und gehen ins Bett. Blaine und ich schlafen hier unten auf der Couch und du kuschelst dich oben in dein Bett. Und morgen räumen wir dann hier auf, trinken dabei Kaffee und denken nüchtern und beruhigt nochmal über alles nach, okay? Übrigens schlafen Nick und Jeff oben im Arbeitszimmer auf der Couch, ich hoffe, das ist okay. Jeff ist so dicht, der kann sich keinen Zentimeter mehr alleine fortbewegen."

"Nüchtern über alles nachdenken ist wahrscheinlich die beste Idee", stimmte Blaine seinem Freund zu.
Er zog seine Hand zurück und drückte Quinns Schulter sanft, bevor er aufstand.
Er hielt Kurt eine Hand entgegen um ihn vom Sofa hochzuziehen, Quinn war dafür zu schnell selbst auf den Beinen gewesen.
Wenn er sich hier so umsah, graute es ihm schon vorm Aufstehen und aufräumen, aber mit sechs helfenden Händen... Nein, zehn sogar.
Wenn Nick und Jeff hier blieben, hatten sie gefälligst auch was zu machen.
Mit zehn Händen sollte es doch wohl zu schaffen sein.
Jetzt für den Moment konnten sie am Besten einfach das Licht ausmachen.
Nicht nur hier im Wohnzimmer, sondern auch im Kopf.
Wobei das wahrscheinlich gerade für Quinn alles andere als einfach war.
"Jeff ist so voll?", fragte er dann. "Ist das nicht eigentlich Nicks Job? Oder der von beiden?"
Irgendwie stand die Welt heute wirklich Kopf.
Er gähnte unterdrückt.
"Hu, ich bin aber auch kreuzmüde. Können wir dir noch was Gutes tun bevor wir uns hinlegen, Quinn?"

Kurt ließ sich von Blaine hoch ziehen und kuschelte sich dann kurz an seine Seite, bevor er Quinn umarmte.
"ich kann dir einen Tee machen, wenn du magst", bot er an. "Oder etwas Süßes? Schokolade? Ich hab auch ein paar Erdbeeren übrig von der Torte."
Er war auch mehr als erledigt.
Und eigentlich todtraurig, aber das konnte er jetzt nicht zeigen.
Immerhin war es Quinn, deren Verlobter Scheiße gebaut hatte und deren Verlobungsparty im Eimer war.
Aber es war auch Kurts Party gewesen... irgendwie.
Zumindest steckte viel Liebe und viel Herz in den ganzen Vorbereitungen, wenn auch hauptsächlich in der Hochzeit.
Hoffentlich fiel die jetzt nicht flach, das wäre eine mittelschwere Katastrophe.
"Denk nicht zu viel nach, okay?", sagte Kurt sanft und strich Quinn kurz über die Wange.

Als Quinn das Wohnzimmer verlassen hatte sah Blaine seinen Freund genauer an.
Er wirkte wirklich verdammt geknickt.
"Sei nicht traurig", sagte Blaine leise und umarmte Kurt fest.
"Das ist wirklich verdammt scheiße gelaufen, aber... einen Plan der das hier abgehalten hätte, hätte niemand schmieden können. Es gibt ja immer Chaos wenn die Warbler da sind, aber... mit sowas hätte niemand rechnen können."
Er legte seine Hände um Kurts Gesicht und strich mit beiden Daumen über die etwas blassen Wangen, bevor er ihm einen sanften Kuss gab.
"Komm, Baby. Lass uns schlafen gehen."

--> Gästezimmer //

Als er Kurt ins Wohnzimmer folgte, sah Blaine seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
Es sah aus als wäre eine Bombe eingeschlagen.
Gläser und Flaschen waren quer durch den Raum verteilt, eine total zerfetzte Girlande rahmte das Penner-Stilleben liebevoll ein und in der Luft hing ein so intensiver Gestank nach abgestandenem Alkohol, dass sich Blaine nun doch fast dazu verleitet fühlte, Jeffs Beispiel zu folgen.
"Ich sag doch, wir hätten im Bett bleiben sollen", seufzte er und strich Kurt tröstend über die Schultern, bevor er sich einen Weg durch das Schlaftfeld suchte um die Fenster weit zu öffnen.
Erleichtert atmete er die frische Luft ein, die hineinströmte.
Sie hatte diesen typischen Regen Geruch, das war das einzig Positive was er so einem Wetter abgewinnen konnte.
Nur ungern drehte er sich wieder um und sah sich erneut um.
Auch aus so einer Perspektive sah es keinen Deut besser aus.
Wo sollte man da nur anfangen?

Kurt blieb geschockt und resigniert stehen und übersah das Chaos.
Dass bloß niemand ein Foto davon schoss und Hummel-Party darunter schrieb.
Das war ein Desaster, aber das hatte er gestern Abend und heute Früh schon oft genug festgestellt.
Einfach nicht so sehr darüber nachdenken und lieber gleich anfangen, etwas dran zu ändern.
Entschlossen ging Kurt zu der Girlanden-Leiche, hob sie auf und knüllte sie zusammen.
"Zur nächsten Party laden wir Sebastian nicht mehr ein", sagte er entschlossen und warf die Girlande in die von ihm benannte Müllecke, bis er einen Müllsack gefunden hatte. "Ruben kann gerne kommen, der ist okay, auch wenn er masochistisch veranlagt sein muss, dass er es mit Sebastian aushält. Nicht dass ich was dagegen hätte..."
Eigentlich war Ruben das Beste, was Kurt hatte passieren können.
Seit Sebastian mit dem Zehntklässler zusammen war, hatte er endlich aufgehört, Blaine anzuflirten, auch nicht mehr zum Spaß, weil Ruben das gehörig gegen den Strich gegangen war.
Freunde waren Sebastian und Kurt trotzdem nicht und würden es wahrscheinlich auch niemals werden.

(Blaine - Kurt - Quinn)

Blaine fing damit an, die Gläser und Flaschen einzusammeln, die wild im Raum verstreut waren.
"So ganz unbeteiligt war Tyler an der ganzen Geschichte aber auch nicht, wenn ich das richtig mitbekommen hab", gab Blaine zu bedenken, während er sich leicht angewidert umsah. Irgendwie wurde es gar nicht weniger.
"Und dem willst du kein Partyverbot verhängen. Dabei hat er sogar zugeschlagen. Und Quinn verletzt. Was hat Sebastian denn gemacht, dass so viel schlimmer war?"
Er hob abwehrend die Hände als er Kurts Blick auf sich spürte.
"Ich will ihn nicht verteidigen, das kann ich auch schlecht wenn ich nichts mitbekommen habe. Aber von dem was ich gesehen hab, hätte ich wirklich eher Ty für die Wurzel des Übels gehalten. Naja, ich... Oh, hey Quinn", unterbrach er sich, als die Blondine das Wohnzimmer betrat.
Hoffentlich hatte sie nichts gehört, schließlich wollten sie sie doch ablenken.

Kurt hörte stirnrunzelnd Blaines Worte und stellte währenddessen die leeren Teller zusammen.
War ja klar, dass Blaine Sebastian wieder verteidigte.
Diese bescheuerte Freundschaft zwischen den Beiden ging Kurt sowieso schon so auf den Senkel.
Aber in einer Beziehung musste man Kompromisse eingehen.
Gerade öffnete er den Mund, um zu protestieren, als Quinn ins Wohnzimmer kam.
"Hey, Süße", sagte er und lächelte sie an. "In der Küche ist Kaffee, wenn du magst. Wir haben schon mal ange~"
Er brach ab und bekam große Augen, als er beim Quinn genauer durchchecken ihre nackte Hand bemerkte.
"Was...", fragte er leise und sah geschockt in Quinns Gesicht hoch. "Nein. Oh nein, sag mir doch bitte nicht, dass du... dass du..."
Sie hatte die Hochzeit nicht abgesagt.
Das konnte sie nicht!
Die ganze Arbeit, die große Vorfreude... seine drei Ordner und... seine ganzen Planungen.
Kurt presste die zitternden Lippen zusammen und schlang die Arme um seinen Oberkörper.
Mal abgesehen davon, dass Quinn einfach eine Verlobung auflöste nur wegen einem Streit, so warf sie auch einfach all seine Bemühungen über Bord.
"Das ist ein Scherz, oder?", krächzte er.

Als Kurt auf einmal so panisch wurde, war Blaine ihm einen verwirrten Blick zu.
Was war denn nun los, setzte der Schock über das Chaos verspätet ein?
Oder stimmte etwas mit Quinn nicht?
Eilig sah Blaine wieder zu den Mädchen hinüber, aber er konnte eigentlich nichts feststellen.
Zumindest nichts, was eine solche Reaktion erklären würde.
Klar, sie sah ein bisschen fertig aus, so als hätte sie nicht besonders gut geschlafen, aber wen wunderte das?
Das war ihr gutes Recht.
Ihre Antwort verwirrte ihn nur noch mehr.
Es war nicht unbegründet, dass Kurt Angst haben könnte, dass die Hochzeit nicht stattfinden würde, doch es war ja nicht so als wüsste er jetzt irgendwas, war er gestern Abend nicht gewusst hatte.
Als Quinn in die Küche ging, war er immer noch nicht schlauer.
"Okay... erklären", sagte er langsam und ging zu Kurt hinüber, um über seine Arme zu reiben.
"Wieso guckst du gerade als hättest du einen Geist gesehen?"

Kurt sah Quinn hinterher, wie sie schnell in der Küche verschwand, dann atmete er tief durch und sah zu seinem Freund.
"Sie hat ihren Ring nicht am Finger", murmelte er leise und fuhr sich über die Augen. "Ihren Verlobungsring."
Quinns Worte hatten ihn nicht wirklich beruhigen können, denn überzeugt hatte sie nicht geklungen.
Eher resigniert und verbittert.
Kurt atmete noch einmal langsam durch und ließ seinen Blick durch das chaotische Wohnzimmer gleiten.
"Okay, das... wird mir jetzt gerade alles zu viel hier", sagte er und schob Blaines Hände weg, bevor er zur Tür und in den Flur ging.
An der Garderobe schnappte er sich seinen Mantel und verließ das Haus durch die Eingangstür.
Er sollte aufhören, sich zu sehr für Dinge zu begeistern, dachte er, während er sich den Mantel anzog und die Kapuze hoch schlug.
Am Ende wurde er nur noch mehr enttäuscht und verletzt.
Alle Gäste der Party würden nur noch von dem Fiasko reden, von dem Streit und möglicherweise von der Trennung von Quinn und Tyler.
Nicht von dem Buffet, das Kurt ganz alleine in mehreren Stunden hergerichtet hatte.
Nicht von der Dekoration, die immerhin fast hundert Dollar gekostet hatte und nach Kurts eigenem Augenschein wirklich fantastisch gewesen war.
Nicht von der peniblen Planung und den tollen Gesprächen.
Nicht von den Leuten, die man da getroffen hatte.
Nur von der einen Sache, auf die Kurt keinen Einfluss gehabt hatte.
Am liebsten wäre er in die Vergangenheit gereist und hätte Tyler und Sebastian jedem auf beide Wangen eine verpasst, sie notfalls voneinander weg gezerrt.
Kurt blieb im Vorgarten im Regen stehen und fuhr sich übers Gesicht, um die Tränen weg zu wischen, aber das war eh egal, weil es regnete.

---> Vor dem Haus//