"Ich... hab ich zugestimmt? Oh Gott, das hab ich gemacht, oder?", fragte Ruben, plötzlich leicht panisch. "Ich hab tatsächlich zugestimmt. Das ist... warte."
Er schloss die Augen und begann bis zehn zu zählen, um sich zu beruhigen. Er kam bis drei.
"Woher soll ich wissen, ob ich das wissen will? Ich hab sowas noch nie gemacht. Ich weiß gar nicht... wie man sowas macht. Mit wem. Also... lass ich mich auf einen Typen im Scandals ein? Da sind so viele Idioten unterwegs. Andererseits ist jeder Typ den man nicht kennt ein potentieller Idiot. Und Leute die man kennt... das geht doch erst Recht nicht, oder? Wie also... nein, warte. Nichts sagen."
Zum zweiten Mal unternahm er einen Versuch wieder herunter zu kommen, diesmal mit deutlich mehr Erfolg.
"Ooookay." Er hob eine Hand und lächelte entschuldigend. "Das gerade hast du nicht gesehen, okay? Bitte. Also gut, sagen wir, wir haben einen Deal. Ab jetzt aktiv. Wenn du willst, kannst du gleich losziehen. Aber... ich weiß echt nicht, wie viel ich darüber wissen will. Jetzt noch nicht. Kann ich... mir das noch überlegen?"

Sebastians Augenbrauen wanderten langsam aber stetig nach oben, während er seinem Freund beim Durchdrehen zusah.
Ob das wirklich so eine gute Idee war? Für Ruby schien es auch eine ziemlich große Sache zu sein. Und wirklich cool schien er mit der Idee tatsächlich nicht zu sein. Aber er dachte darüber nach. Und wenn Sebastian ehrlich war, wollte er jetzt nicht mehr allzu viel darüber reden.
Er hatte Rubys Okay. Er würde sich irgendeinen süßen Jungen schnappen und den durch rammeln, bis der aus allen Löchern rauchte. Und dann wäre er hoffentlich wieder so weit abgekühlt, dass er sich auf seine Vorlesungen konzentrieren konnte und nicht die ganze Zeit über seinen Professor in Gedanken auszog und mit dem Zeigestock peitschte.
Wäre sein Professor ein heißer, junger Mann um die Dreißig, wäre das ja durchaus noch zu entschuldigen, aber seine Professoren waren allesamt deutlich über der Vierzig, und trotzdem, wenn man sie die ganze Zeit anstarren musste, während man nur daran denken konnte, wie dringend man Sex haben wollte, spielte der Kopf tierisch verrückt.
"Wenn ich ehrlich bin, will ich nicht, dass du dir irgendeinen Typen aus dem Scandals angelst. Da sind wirklich viele Idioten und die meisten würden mit einer Granate wie dir gar nicht klar kommen, da wäre das Abenteuer für die Typen schon vorbei, ehe du dich aufgewärmt hast."
Sebastian dachte einen Moment nach und versuchte, das kleine eifersüchtige Stechen in seinem Hinterkopf zu ignorieren, dieses Alarmglöckchen namens sein Stolz, das nicht wollte, dass sein Ruby mit irgend einem anderen Typen was anstellte.
"Also, ich hätte dir ja einen von den üblichen Verdächtigen an der Dalton vorgeschlagen. Gabriel oder Nick. Das Problem ist, dass beide nicht mehr da sind, und nebenbei ist Nick ja auch in einer Beziehung. Aber bei denen wüsste ich halt sicher, dass sich gefühlsmäßig zwischen euch gar nichts entwickeln könnte. Dafür haben beide einfach zu viel Spaß an nüchternem, freundschaftlichem Sex. Weißt du was?"
Sebastian straffte etwas seine Schultern und setzte ein bestimmt ziemlich überzeugt wirkendes Gesicht auf.
"Versprich mir nur, dass du niemanden nimmst, den du irgendwo auf der Straße oder in einer Bar triffst und den du vorher noch nie gesehen hast. Ansonsten kannst du es machen, mit wem du willst. Hauptsache, du kommst auf deine Kosten und vermisst mich danach genau so sehr wie jetzt."

"Ich werd dich danach sogar noch mehr vermissen", lächelte Ruben und versuchte seinen inneren Aufruhr herunterzuschlucken. Er hatte eine ganze Menge, über die er nachdenken musste - aber definitiv ohne dass Sebastian ihm dabei zu sah. Außerdem hatten sie eh so wenig Zeit miteinander, die wollte er jetzt nicht mit Grübeln verbringen. "Ich weiß ja nicht wie es dir geht, und vielleicht ist das echt so dass in der Erinnerung alles noch viel überwältigender scheint, aber ich sehe unserem nächsten Treffen mit einer Erwartung entgegen, da kann eh kein Anderer mithalten. Aber, du weißt... kein Druck und so."
Er kicherte leise und versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass sie das jetzt wirklich durchziehen würden. Sebastian und ein anderer Kerl... er und ein anderer Kerl...
Und doch. Der Gedanke war aufregend. Und er wollte sich einfach nicht vertreiben lassen.
"Okay, verspreche ich", sagte er deshalb wieder etwas ernster. "Und, und dabei ist es egal wer es ist, da wird nichts gefühlsmäßiges sein. Das verspreche ich auch. Wie du schon gesagt hast... also... du bist auch meine Nummer eins."
Er hibbelte unruhig auf und ab. "Wie genau müssen wir das noch besprechen? Also... erstmal nicht weiter drüber reden, sitzt das drin? Weil... das ist grad ein bisschen viel. Okay, aber halt... viel."

"Okay", sagte Sebastian lächelnd.
Fast hätte er noch eine Regel aufgestellt, und zwar die, dass jeder von ihnen das Vetorecht hatte. Das hätte er gesagt, um Ruby noch etwas die Sorge zu nehmen. Quasi ein romantisches Zugeständnis, dass er natürlich mit niemand anderem schlafen würde, wenn Ruby es letztendlich doch nicht wollte.
Aber er war kein weißer Ritter mit roter Rose zwischen den Zähnen. Ein weißer Ritter hätte gar nicht erst so einen Vorschlag gemacht. Ein weißer Ritter war außerhalb seiner Beziehung asexuell, schaute niemand anderen an als seine Prinzessin.
"Also, was hast du heute so gemacht?", fragte er, um direkt das Thema zu wechseln.
Das schien Ruby gerade das Wichtigste zu sein. Und er würde ganz bestimmt nicht direkt losziehen und sich einen aufreißen. Nicht, solange sie noch skypten. Klar, das hätte er drauf, definitiv, aber die Jahre mit Ruby hatten ihn sensibler werden lassen. Und er würde seinen Freund nicht wegdrücken, um mit einem anderen zu schlafen. Das wäre erbärmlich.

Das Skype Gespräch verlief danach ziemlich klemmig und zäh, eigentlich völlig untypisch für sie. Nach ein bisschen seichtem Smalltalk erfand Ruben eine Ausrede über irgendwelche Hausaufgaben, um das Gespräch beenden zu können.
Auch das passierte sonst eher selten. Naja, der Tag war von Anfang an irgendwie seltsam gewesen. Bevor noch irgendetwas unvorhergesehenes passierte, beschloss er lieber direkt ins Bett zu gehen. Das ersparte ihm auch, sich nacher Jeffs Bericht über den Ausflug mit Kurt anhören zu müssen. Dafür hatte er gerade keinen Kopf.
Natürlich war er noch hellwach als sein Mitbewohner ins Zimmer zurück kam, doch das gab er nicht zu erkennen. Daran änderte sich auch so schnell erstmal nichts. Sogar als Jeff schon tief und fest eingeschlafen war, lag Ruben noch wach und starrte an die Decke.
Im Dunkeln konnte er sich leicht einreden, dass das eine plausible und gute Idee war. Und es ging ja nur um eine einmalige Sache. Die würden sie jetzt einfach genießen, und irgendwie würden sie das Jahr dann hinter sich bringen.
Mit diesen Gedanken, gelang es ihm schließlich doch noch für ein paar Stunden einzuschlafen.
Trotzdem fühlte er sich am nächsten Morgen wie gerädert, als er sich in letzter Minute aus dem Bett quälte.
"Morgen", murmelte er und schlurfte auf seinen Schrank zu, um eine saubere Uniform herauszusuchen. Er war ein bisschen versucht sich krank zu stellen um noch etwas weiter schlafen zu können, aber eigentlich konnte er sich sowas dieses Jahr nicht leisten. "Wie wars gestern? Ich hab gar nicht mitbekommen seit wann du wieder da bist."

"War schön", sagte Jeff und gähnte herzhaft, während er sich seine Krawatte band. "Kurt hat etwas Stress gemacht, als die Friseuse ihm das falsche Styling Gel in die Haare getan hat und dann seine ganze Frisur völlig verklebt war. Ich hätte mich auch beschwert, aber er war etwas drüber nach meinem Geschmack. Ich sollte ihn nicht so oft mit in diese teuren Kosmetikläden nehmen, er gewöhnt sich an einen Standard, den er sich eigentlich nicht leisten kann."
Der Blonde beobachtete seinen Mitbewohner, wie der schwerfällig durchs Zimmer schlierte, und hob eine Augenbraue. Taufrisch war was anderes. Ruben war durchaus nicht die Person, die aus dem Bett hüpfte und den Tag mit einer freudestrahlenden Umarmung begrüßte. Aber selbst der größte Morgenmuffel war nach zehn Stunden Schlaf ausgeruhter als der Zombie, der sich an ihm vorbei zum Schrank schob.
"Ist Sebastian gestern nicht mehr on gekommen? Wir sind um neun wieder gekommen, da hast du schon gepennt. Wie kann es sein, dass du jetzt so müde bist?"

"Doch, der war on. Wir hatten nur nicht so viel Zeit."
Ruben sah skeptisch auf den Saum seines Hemdes hinunter, auf dem zwar auf einer Seite noch ein Knopf, an der anderen aber kein Knopfloch mehr übrig war. Seufzend knöpfte er es wieder auf und begann von vorne.
Er könnte es Jeff erzählen. Entsetzt wäre der bestimmt nicht. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde er ihm sogar noch helfen einen geeigneten Kandidaten zu finden.
Aber das war keine Unterhaltung die er jetzt so auf nüchternen Magen vertrug.
"Wahrscheinlich hab ich einfach zu viel geschlafen", schlug er stattdessen vor. "Das ist mein Körper gar nicht gewohnt, kein Wunder dass der jetzt nicht klarkommt."
Er streckte sich noch einmal ausgiebig und schaffte es dann tatsächlich den Rest der Uniform ohne weitere Unfälle anzulegen.
"Ich glaub Frühstück muss heute ausfallen. Die Zeit die mir noch bleibt, muss ich dafür nutzen, möglichst viel Koffeein in meinen Blutkreislauf zu pumpen. Bist du fertig? Sitzen die Haare?"

"Dass du das überhaupt fragst, zeigt mir, dass sie noch nicht sitzen können", sagte Jeff und huschte wieder ins Bad, um noch einmal über seine Frisur zu gehen und sie zu perfektionieren.
"Was heißt nicht so viel Zeit?", rief er aus dem Badezimmer. "Ihr seht euch schon so selten, kann Sebastian da nicht wenigstens mal abends ein Stündchen für dich erübrigen? Wenn Nick und ich anfangen, zu skypen, dann läuft das Video bis zum nächsten Morgen durch, weil ich immer zuerst einschlafe und der Freak mich beim Schlafen beobachtet, bis er selbst einpennt."
Als Jeff wieder aus dem Bad kam, fiel ihm wieder auf, wie zerknittert Ruben aussah.
Das war eigentlich nie so ein gutes Zeichen. Ruben zeichnete sich durch seine durchgehende Gelassenheit aus. Er ließ sich eigentlich ziemlich schwer aus der Ruhe und noch viel schwerer auf die Palme bringen.
Hatten er und Sebastian vielleicht gestern gestritten? Das würde erklären, warum das Gespräch so kurz und Ruben schon um neun im Bett gewesen war.
"Na komm, dann besorgen wir dir erst einmal einen schönen, schwarzen Kaffee", sagte Jeff und legte einen Arm um Rubens Schultern, während sie nach draußen gingen. "Sei froh, wir haben die ersten beiden Stunden Geografie, da hast du noch genug Zeit, in Ruhe wach zu werden."
Jeff wartete auch bis zu Geografie, so schwer ihm das auch fiel. Er wollte Probleme, die ihn nicht direkt betrafen, am liebsten immer gleich klären, weil er es nicht mochte, wenn Leute schlecht drauf waren und er nicht helfen konnte.
"Also?", fragte er leise, als Professor Rosenberg mit seiner lahmen, monotonen Stimme vorne an der Tafel die Gebirge der Westküste Nord- und Südamerikas aufzählte. "Was ist los? Hast du dich mit Sebastian gestritten?"

Ruben war überzeugt davon, dass er einen ziemlich normalen Eindruck machte, denn Jeff stellte tatsächlich keine Fragen mehr. Da sollte Sebastian nochmal über sein Pokerface lachen.
Sein Triumph dauerte aber auch nur bis zur ersten Unterrichtsstunde an.
Er hatte sich schon in Sicherheit gewiegt, da begann Jeff ihn ins Verhör zu nehmen. Hier. Wo er keinerlei Fluchtmöglichkeiten hatte.
Eigentlich hätte er sich das denken können, Jeff schaffte es letztendlich immer einen festzunageln. Manchmal fragte er sich, ob der Junge das genau durchplante, oder ob das einfach ein angeborenes Talent war.
Was auch immer es war, es war mal wieder erfolgreich. Er saß hier fest. Und Jeff würde wohl nicht so schnell locker lassen.
"Nein, haben wir nicht", wehrte er ab und warf einen prüfenden Blick zur Tafel. Sie saßen aus gutem Grund hinten, wann immer es möglich war. Der Professor bekam so selten mit, wenn sie die Stunde verquatschen - jetzt war das ein Nachteil.
"Wir haben nur geredet, nichts schlimmes. Nur ein bisschen... also..." Ruben unterbrach sich und schüttelte den Kopf. "Hör mal. Ich weiß nicht ob du willst, dass ich dir das gerade hier erzähle. Das ist nämlich schon ne ganz schöne Bombe, finde ich. Aber, wie gesagt, nichts schlimmes."
Er lächelte leicht und beugte sich über seine Zettel. Mittlerweile waren seine Haare wieder lang genug, um ihm in die Augen zu fallen, den letzten Versuchen ihn zum Friseur zu schleppen war er immer erfolgreich ausgewichen. So sah er zwar nicht wie Jeff reagierte, aber das machte nichts. Vielleicht würde der ja seine Schlüsse draus ziehen und seine Neugier noch eine Weile herunterschlucken. Einen Versuch war es wert.

"Eine Bombe, aber nichts Schlimmes?", fragte Jeff und zog nachdenklich die Nase kraus. "Eine Bombe, aber nichts Schlimmes...", wiederholte er murmelnd. "Was könnte das sein? Ich werd's erraten. Sebastian... hat sein Studium geschmissen und macht stattdessen jetzt eine Maurerlehre? Oder... Sebastian will sich zur Frau umoperieren lassen, weil sein Stolz als Mann es nicht zulässt, dass er sich auch mal von dir nageln lässt, obwohl er darauf eigentlich total scharf ist? Oooder..."
Jeff dachte angestrengt nach und kaute dabei auf seinem Bleistift herum.
"Oooder... oooder... Sebastian hat dir einen Heiratsantrag gemacht? Nein, das ist Schwachsinn, da sind die ersten Beiden Tipps um einiges realistischer. Oder er... hm, nichts Schlimmes, hast du gesagt, also... Sebastian hat dir Vögelfreiheit gegeben? Nein, das ist auch Schwachsinn, dann würdest du jetzt nicht aussehen wie drei Tage Eisregen, sondern würdest dich schon längst nach einem passenden Hengst umschauen."
Jeff lachte herzlich auf und erntete dafür einen milde verärgerten Blick von Professor Rosenberg, der es gar nicht mochte, daran erinnert zu werden, dass außer ihm auch noch andere atmende Lebewesen im Raum waren, die er zu unterrichten hatte.
"Oh, das wär's ja", kicherte Jeff. "Dann würde aus der Kuschelpartie am Freitag ja doch noch was werden."

Ruben konnte nicht anders, als bei Jeffs Vorschlägen leise zu lachen.
Der Junge hatte eine herrlich verdrehte Phantasie, bei so kreativen Theorien konnte man von dem Gefrage nicht einmal genervt sein. Es musste angeboren sein, sowas konnte keiner lernen.
Bei Jeffs letztem Vorschlag blickte er dann allerdings ertappt auf.
"Mach du nur deine Witze", murrte er und sah seinen Mitbewohner milde verzweifelt an.
Dass der jetzt das Gespräch auch noch auf Freitag brachte, war einfach Unfair. Wenn er sich schon auf eine Mission aufgemacht hatte alles aus ihm heraus zu quetschen, dann könnte er ja wenigstens nicht noch Öl ins Feuer gießen und ihn noch weiter durcheinander bringen.
Vor allem nicht, weil er alles nach wie vor für einen Spaß hielt.
Ruben seufzte auf. Wenn er nicht Sebastian versprochen hätte, vom Scandals fernzubleiben, würde er es einfach heute über sich bringen, dann könnte er den Gedanken zu Nick und Jeff zu kriechen wieder als etwas völlig abstraktes und unmögliches behandeln.
Dabei wäre es momentan ganz und gar nicht unmöglich, stellte der Brünette etwas kribbelig fest.
Er hätte wirklich im Bett bleiben sollen, als er noch die Chance dazu gehabt hatte.

"Ist doch eine witzige Vorstellung", grinste Jeff und senkte seine Stimme zu einem Raunen, für das er sich etwas mehr zu Ruben vorlehnte. "Stell dir mal vor... Nick und ich und du zusammen in einem Bett... Nick sagt, ich kann küssen wie ein französischer Sexgott und er muss es ja wissen. Wir würden rechts und links von ihm liegen... oh, verdammt, ich brauch's echt dringend", murmelte Jeff und schüttelte den Kopf.
Jetzt ging es aber los bei ihm, was erzählte er Ruben denn da?
Sofort kramte er sein Handy aus seiner Tasche und schrieb Nick eine SMS.
'Solltest du Freitag absagen, kommt großes Unheil über dich. Ich bin schon so scharf auf dich, dass ich mir einen Dreier mit dir und dem Typen vorstelle, der jede Nacht mit mir in einem Zimmer schläft O.o Ich hoffe, deine Eier sind schon blau, Mr. Cavanough, das wäre nur fair'
"Vergiss es", sagte er dann zu Ruben. "Das ist nur das Gerede eines armen, notgeilen Mannes, der den Freitag kaum mehr erwarten kann. Und Sebastian würde dich wohl hoch offiziell vierteilen lassen, wenn du mit mir und Nick was anstellst. Oder mit irgendwem anderes. Hörst du den Zwischenton? Ich mach mir eigentlich Sorgen."
Jeff legte sein Handy beiseite und stützte sein Kinn in die Handfläche, während er Ruben etwas ernster ansah.
"Wir wissen ja beide, wie Kerle sind. Und Fernbeziehungen sind immer scheiße. Ich fänd's blöd, wenn das mit dir und Sebastian kaputt gehen würde, weil einer von euch beiden den anderen hintergeht, nur weil er dicke Eier hat."

An die Tafel gerufen werden durfte er erst einmal nicht, dafür sorgte Jeff mit seinem Geflüster schon.
Glücklicherweise hielt Professor Rosenberg Kontakt zu Schülern größtenteils für unter seiner Würde, deshalb war die Gefahr nicht allzu groß.
Und Jeff ließ auch zum Glück schnell wieder davon ab, Bilder in Rubens Kopf zu setzen und beschäftigte sich stattdessen mit seinem Handy.
Doch die die da jetzt waren reichten völlig. Wenn Jeff so weitermachen würde, würden sie sich noch völlig festsetzen. Wahrscheinlich war es doch Zeit mal klar zu machen, dass das ganze über einen Witz hinaus ging.
"Du brauchst dir keine Sorgen machen. Wir hintergehen uns bestimmt nicht. Wir haben geredet, haben gemerkt, dass wir ungefähr gleich verzweifelt sind und haben einen Deal abgeschlossen." Er suchte Jeffs Blick und lächelte unsicher, bevor er zu weiteren Erklärungen ansetzte.
"Das ist gerade... ein Freifahrtsschein, weißt du? Jeder darf. Einmal, keine Gefühle. Eben weil wir auch nicht wollen, dass einer den anderen betrügt. So wissen wir beide was Sache ist. Und ich sag ja auch nicht, dass das nicht seltsam ist, aber... deutlich besser als die Alternative, oder?"
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und stupste Jeff grinsend an. "Und jetzt erhebe ich den Antrag, dass jedes weitere Wort über mein momentan nicht existentes Sexleben zu verschieben, bis ich dabei nicht mehr diesen alten Kerl vor Augen hab. Das sind zwei Sachen, die nicht im Entferntesten etwas miteinander zu tun haben sollten."

"Meine Fresse, willst du mich umbringen?", stöhnte der Junge, als Sebastians Lippen wieder über seine Brust fuhren. "Ich kann nicht mehr!"
"Dann mach nichts, ich kann mich auch so an dir austoben", grinste Sebastian und fuhr mit seiner Hand zwischen die Beine des Brünetten.
"Ich will jetzt echt schlafen, Sebastian. Wir können morgen weiter machen."
"Morgen muss ich früh raus. Eine Runde, komm schon."
"Wieso die Eile?", lächelte der Junge. "Wir können uns morgen wieder treffen, wenn du magst. Oder irgendwann anders, ich hätte Lust, dich wieder zu sehen."
"Ja, aber ich nicht", meinte Sebastian unverblümt. "Das hier ist ein One-Night-Stand."
"Muss es doch nicht sein. Ich weiß, dass du scharf auf mich bist, sonst hättest du mich doch in der Bar nicht die ganze Zeit beobachtet."
"Ich hab nur nach einer Nummer gesucht, Kleiner. Ich hab nen Freund."
"Und? Ich auch. Meiner ist weit weg."
"Meiner auch. Also, noch eine Runde oder gehst du nach Hause?"
"Wie wär's, wenn ich hier übernachte und wir morgen früh noch eine Runde einlegen?"
"Nein, das wird nichts. Ich schlafe nicht mit anderen Typen zusammen in einem Bett."
"Wir hatten gerade Sex in deinem Bett. Vier Mal."
"Ja. Und wenn du keine Lust auf eine fünfte Runde hast, dann gehst du jetzt."
"Ach, ihr seid doch alle gleich", meinte der Junge und setzte sich auf. "Mit einem Kerl auf Beziehung machen und dann doch durch die Gegend vögeln, wie ihr lustig seid. Aber aus schlechtem Gewissen die Seitensprünge dann nach Hause schicken."
"Okay, du fängst langsam an, mich zu nerven", meinte Sebastian. "Du bist derjenige, der seinen Freund gerade betrügt. Ich hab alles mit meinem Freund abgeklärt und der Deal war eine einzige Nummer zum Druck ablassen. Das hab ich jetzt gemacht."
"Gott, hat dir schon mal einer gesagt, dass du ein Riesenarschloch bist, wenn du einen nicht gerade versuchst, ins Bett zu bekommen?", moserte der Junge und griff nach seinen Klamotten. "Wärst du nicht so verdammt gut im Ficken, würd ich dir das jetzt richtig übel nehmen."
"Mhm", machte Sebastian abwesend, der schon nach seinem Handy gegriffen hatte und Nicks Nummer raussuchte.
Es war zwar schon recht spät... oder auch früh, je nach Ansichtssache, aber Sebastian war noch während der letzten Runde mit den Typen, dessen Namen er nicht mehr wusste, ein Gedanke gekommen, der ihn seitdem nicht mehr los ließ.
Er war genervt. Tierisch genervt bei dem Gedanken, dass Ruby mit irgendwem schlafen könnte. Irgendwem, den Sebastian nicht kannte, von dem er nicht wusste, ob der sich vielleicht doch in irgendwas rein steigern könnte, der Ruby dann nicht mehr in Ruhe ließ. Oder der einen Dachschaden hatte, von dem Ruby nichts wusste.
Also musste er mit Nick reden.

Nick fuhr von seinem Sofa hoch, als sein Handy zu klingeln begann.
Da hatte er es anscheinend mal wieder nicht bis ins Bett geschafft, bevor er eingeschlafen war. Eigentlich keine große Überraschung, das passierte ihm ständig. Wahrscheinlich hätte er bis morgen früh hier durchgepennt, wenn niemand ihn angerufen hätte.
Oder, besser gesagt, immer noch anrief, wie sein schläfriges Gehirn nur langsam realisierte. Er angelte es sich vom Tisch und warf einen verwunderten Blick auf das Display, bevor er abhob.
"Sebastian?", gähnte er als Begrüßung in den Hörer. "Wenn du dich jetzt nur auf dein Handy gesetzt hast und ich mit deinem Arsch telefoniere, dann komm ich persönlich rüber und mach dich dafür zur Schnecke, dass du mich geweckt hast."
Wo er nun schon einmal wach war, nutzte er die Gelegenheit sich mit einer Hand aus seiner Hose und seinem Shirt zu befreien und ins Bett umzuziehen. Es war doch bequemer als die Couch, das ließ sich nicht abstreiten.
"Also, was gibts? Alles okay bei dir?"